Dienstag, 1. Dezember 2015

NO OLYMPIA IN HAMBURG: GROSSER ERFOLG EINER KLEINEN OPPOSITION

Am 29. November stimmten 51,6 Prozent der Hamburger gegen eine Bewerbung Hamburgs für die Olympischen Sommerspiele 2024. So verhinderten sie das Szenario von steigenden Mieten, Korruption, Umweltzerstörung und sich verschärfender sozialer Spaltung. Es lohnt sich also um Mehrheiten zu kämpfen, auch wenn die Opposition klein ist, meint Christoph Timann.

Sonntag, 28. Juni 2015

Veranstaltung: Marxismus und die Wohnungsfrage: Warum es kein richtiges Wohnen im Falschen gibt

mit Max Manzey (dieLinke.SDS Berlin und aktiv im Mietenvolksentscheid)

Die Mieten in Hamburg steigen rasend schnell und scheinbar unaufhaltsam. Weder Senat noch Bezirke versuchen diese Entwicklung aufzuhalten. Im Gegenteil: Investoren überteuerter Wohnungen sollen angelockt werden, Vertreibung sozial Schwacher wird als Durchmischung bejubelt. Diese Politik geht an den Bedürfnissen der Mehrheit der HamburgerInnen nach bezahlbarem Wohnraum vorbei. 

Eine marxistische Analyse von Wohnungsbaupolitik kann zu einem besseren Verständnis und einer Kritik aktueller Stadtentwicklung beitragen:
  • Wer hat das Sagen in der Stadt? Wem gehört die Stadt?
  • Wie greifen Profitlogiken in den Wohnungsmarkt ein? 
  • Wie könnte eine Alternative Stadtpolitik aussehen und wie kann sie erreicht werden?

Max Manzey, aktiv im Koordinierungskreis des Berliner Mietenvolksbegehrens wird diesen Fragen auf den Grund gehen und die Mechanismen aktueller Stadtentwicklung aus marxistischer Sicht beleuchten.

Veranstaltung von marx21 Hamburg
Datum: Mittwoch, 8. Juli
Zeit: 19 Uhr
Ort: LINKE-Parteibüro Altona, Am Felde 2
Link zur Veranstaltung auf Facebook

Mittwoch, 27. Mai 2015

OLYMPIA 2024: FEUERLÖSCHER BENÖTIGT

Ganz Hamburg ist »Feuer und Flamme« für die Olympischen Sommerspiele 2024. Diesen Eindruck möchte jedenfalls der Senat erwecken. Die nächsten Monate werden entscheidend sein, um die Opposition dagegen sichtbar zu machen. Von Christoph Timann
Was sie nicht alles versprechen: Hamburg wird den »Sprung über die Elbe« schaffen, marode Sportstätten werden saniert, die Stadt bekommt ein modernes öffentliches Schwimmbad, die Wohnungsnot wird gelindert, und sowieso wird die Jugend für den Sport begeistert. Alles dank der Olympischen Spiele.
Der Größenwahn, der seit einigen Jahren eigentlich immer bei der Olympia-Vergabe zu beobachten war, spricht für den Hamburger Senat nicht etwa gegen eine Bewerbung. Im Gegenteil: Er wird zu dem Argument gewendet, Hamburg könne zeigen, dass es anders geht, indem es die »nachhaltigsten Spiele aller Zeiten« veranstaltet. Das soll heißen, dass die Hansestadt nicht auf den ungenutzten Gebäuden und deren Baukosten sitzenbleiben wird, wie man es zum Beispiel aus Athen kennt: Der »Olympia-Dome« soll in ein Kreuzfahrtterminal verwandelt werden, die Schwimmhalle in ein Erlebnisbad, und das Olympiastadion soll von 70.000 auf 20.000 Plätze zurückgebaut werden, sodass es als Sportstätte für den Hochschulsport nutzbar wird.

Millionengrab Elbphilharmonie

Doch in einer Stadt, in der schon die Kosten für die Errichtung eines einzigen Gebäudes explodieren, besteht wenig Grund, an die angekündigte Bescheidenheit und Nachhaltigkeit zu glauben. Schon jetzt ist klar, dass die Elbphilharmonie mehr als das Zehnfache der ursprünglich geplanten 77 Millionen Euro kosten wird. Der erhoffte »Sprung über die Elbe«, die Anbindung des Stadtteils Wilhelmsburg, war übrigens bereits im Jahr 2013 Ziel der Internationalen Gartenschau, die der Stadt Hamburg ein Defizit von 37 Millionen Euro beschert hat. Der Senat hatte freilich vorher mit einem Gewinn gerechnet.
Es ist zwar schön, dass die Stadt die Schwimmhalle nach den Spielen in ein Erlebnisbad verwandeln will. Doch sollte hier durchaus die Nachfrage gestattet sein, warum sie überhaupt Bäder schließt – wie aktuell beim Freibad Ohlsdorf geplant. Ohnehin sind die Eintrittspreise dermaßen gestiegen, dass sich viele Familien den Besuch überhaupt nicht mehr leisten können. Nicht zuletzt ist es recht zweifelhaft, ob die angeblich durch die Spiele bewirkte Förderung des Breiten- und Schulsports überhaupt in allen Stadtteilen ankommen wird.
Die drohende Verschärfung der Gentrifizierung, die in vielen Stadtteilen schon jetzt anhand steigender Mieten und der Verdrängung von alteingesessenen Geschäften spür- und messbar ist, ist ein weiterer Grund, die Bewerbung abzulehnen. In London beispielsweise hat Olympia die Mieten überproportional steigen lassen. Für den Hamburger Senat aber gilt auch hier das Gegenteil: Olympia erlaubt angeblich den Bau von 6000 zusätzlichen Wohnungen, und die sollen wiederum helfen, den Anstieg der Mieten zu bremsen. Aber ganz abgesehen von der Frage, ob die Preisfindung auf dem Wohnungsmarkt überhaupt so schlicht funktioniert, ist nicht einzusehen, warum die dringend benötigten zusätzlichen Wohnungen nur mit Olympia möglich sein sollen.

Sozial gespaltene Stadt

Hamburg ist eine sozial tief gespaltene Stadt mit einer Armutsquote von 16,9 Prozent (Quelle: Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband). Ein erheblicher Teil der Bevölkerung könnte sich also sowieso niemals die Ticketpreise leisten, die das IOC für den Besuch seiner Veranstaltungen verlangt. Zynisch wird es, wenn der Senat behauptet, alle Hamburger würden von Olympia profitieren – zur Not, indem sie ihre Wohnung während der Spiele untervermieten.
Eine weitere Gefahr droht aus dem Sicherheitsbereich: Olympia würde Hamburg in eine quasi-militärische Hochsicherheitszone verwandeln. Von den Ausmaßen, die das annehmen wird, haben die Bewohnerinnen und Bewohner der Hamburger »Gefahrengebiete« im Januar 2014 bereits einen Vorgeschmack bekommen.

Bewerbung hängt an Referendum

Doch glücklicherweise lässt sich das alles noch verhindern. Die Bewerbung Hamburgs hängt an einem Referendum, das im Herbst stattfindet. Am 15. September müssen die Stadt und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) beim IOC die Bewerbung einreichen. Allerdings ist schon jetzt klar, dass das Referendum erst frühestens im November stattfinden wird, denn es erfordert nichts Geringeres als eine Änderung der Verfassung, die »von oben« initiierte Volksentscheide bislang nicht vorsieht. Es spricht daher alles dafür, dass Stadt und DOSB die Bewerbung in der Hoffnung einreichen werden, sie im Nachhinein durch ein positives Referendum zu legitimieren. Das könnte allerdings ziemlich peinlich enden.

Eine viel wichtigere Voraussetzung für das Referendum ist aber inhaltlicher Natur: Die Abstimmung ist nur dann sinnvoll und in einem nachvollziehbaren Sinn demokratisch, wenn die Hamburgerinnen und Hamburger vor dem Hintergrund völliger Kostentransparenz entscheiden können. Das erfordert mehr als eine in den Raum geworfene Zahl, sondern die Stadt muss ein umfassendes und überprüfbares Finanzkonzept vorlegen. An dieser Frage muss die Olympia-Opposition, in der Bürgerschaft allein durch DIE LINKE vertreten, eine doppelte Strategie verfolgen: Wenn kein Finanzkonzept vorgelegt wird oder zu spät, müssen wir diese Tatsache skandalisieren. Sobald das Konzept vorliegt, müssen wir die veranschlagten Kosten immer wieder »ins Verhältnis setzen zu den ungedeckten Bedarfen in Sozialwesen und Breitensport«, wie es in einer gemeinsamen Resolution der LINKEN in Hamburg und Schleswig-Holstein formuliert wird. Beispielhaft können wir dann thematisieren, wie viele Sozialwohnungen einem Olympiastadion entsprechen oder wie viele Kita-Erzieher und Lehrer vom Budget für das »Olympische Dorf« bezahlt werden könnten.
Verschärfend wird bei den Kosten hinzukommen, dass die Schuldenbremse im Olympiajahr 2024 bindend sein wird. Diese Tatsache dient dem Senat zwar als Argument pro Spiele, da so angeblich sichergestellt ist, dass sich die Stadt nicht verschulden wird. In der Konsequenz wird das aber dazu führen, dass die Kürzungen, die mit der Schuldenbremse legitimiert werden, noch deutlich zunehmen werden. Denn Olympische Spiele belasten erfahrungsgemäß etwa zehn Jahre lang den Haushalt der Ausrichterstadt.

Ein breit aufgestellter Gegner

Die Auseinandersetzung mit den Befürwortern der Spiele wird nicht einfach. Denn wir haben es mit einem breit aufgestellten Gegner zu tun. Selbst die Grünen, gegen die »Gefahrengebiete« und bei der Kampagne für den Rückkauf der Energienetze noch ein verlässlicher Partner, stehen in der Olympia-Frage auf der Gegenseite.
Der Kampf um Olympia wird daher auch ein Kampf um die öffentliche Meinung. Denn der Senat hat mit der Hamburger Sparkasse, dem Nahverkehr und öffentlichen Betrieben wie der Müllabfuhr omnipräsente Werbeträger in seine Kampagne eingespannt. Es wird ziemlich viele Plakate, Aufkleber, Flugblätter, Infostände und kreative Aktionen erfordern, um hier ein Gegengewicht zu etablieren. Das ist eine große Aufgabe, kann sich aber auch zu einer großen Chance entwickeln, wenn wir das Bewusstsein entwickeln, dass dies die Einbindung vieler Aktivistinnen und Aktivisten erfordert – weit über die Kreise der aktiven LINKE-Mitglieder hinaus.
Allzu schlecht stehen unsere Chancen nicht. Die Veröffentlichung des »Host-City-Vertrags«, mit dem das IOC der Ausrichter-Stadt sämtliche Bedingungen diktiert, hat beispielsweise in Oslo zu einer kompletten Abkehr von einem möglichen Olympia-Abenteuer geführt. Zuletzt befürworteten etwa 65 Prozent der befragten Hamburgerinnen und Hamburger die Olympia-Bewerbung – ähnliche Werte gab es 2013 in München, bevor eine breit getragene Kampagne die Kandidatur für die Winterspiele im Jahr 2022 verhinderte. Auch in Boston, einem anderen potenziellen Bewerber für 2024, schwinden die Zustimmungswerte. Das erhöht zwar einerseits die Gefahr für Hamburg, andererseits vergrößert es den Spielraum für kritische Nachfragen, warum andere Städte sich diesen Irrsinn nicht gefallen lassen wollen.
Weitere Infos:

Dieser Artikel ist auch hier erschienen: http://marx21.de/olympia-2024-feuerloescher-benoetigt/

Donnerstag, 30. April 2015

MARX IS MUSS Kongress - Die Welt verstehen, um sie zu verändern


Am Himmelfahrt-Wochenende (14.-17. Mai) findet in Berlin der jährliche MarxIsMuss-Kongress des Netzwerks marx21 statt. Auch aus Hamburg sind einige Leute mit dabei - auch du?

Der Kongress ist ein Wochenende voller politischer Debatte, über aktuelle und grundsätzliche Fragen und über politische Strategie.

Alle Infos zum Kongress finden sich hier: http://marxismuss.de/ bzw. hier: 
https://www.facebook.com/events/1697137193845326/

Mittwoch, 15. April 2015

Veranstaltung: Hoffnungsträger SYRIZA? Griechenland 100 Tage nach der Wahl: Wie weiter?


Seit 100 Tagen stellt SYRIZA die Regierung in Griechenland. Sie ist die Hoffnungsträgerin von Millionen von Menschen. Zurecht, die Troika aus IWF, EU-Kommission und EZB treibt die brutale Sparpolitik in Griechenland seit Jahren mit aller Härte voran. Massive Lohnkürzungen, Sozialraub und Entlassungen im öffentlichen Sektor sowie grassierende Armut sind nur einige Auswirkungen dieser Politik. Doch die Griechen wehren sich auch seit Jahren mit Generalstreiks, Massendemos und Platzbesetzungen. SYRIZA, als Linksbündnis gestartet und längst eigenständige Partei, ist für viele Griechen die radikale Antwort auf die Politik der Troika.

Die linke Regierung steht im wirtschaftlich schwachen Griechenland unter gewaltigem Druck. Entsprechend heiß wird die Strategie in der jungen Partei diskutiert: Welche Gewichte kann eine linke Regierung gegenüber Brüssel in die Waagschale werfen? Wie kann SYRIZA regieren und gleichzeitig Teil der Bewegungen gegen Sozialabbau, Polizeigewalt und Kapitalismus sein? Welche Bündnisse soll SYRIZA schmieden?

Um die Perspektiven für die radikale Linke zu diskutieren und die ersten 100 Tage beurteilen zu können, haben wir Leandros Fischer eingeladen. Er kommt aus Zypern und arbeitet seit Jahren zur griechischen Politik und zur Linken.
Veranstaltung von marx21 Hamburg
Datum: Donnerstag, 30. April
Zeit: 19 Uhr
Ort: LINKE-Parteibüro Altona, Am Felde 2
Link zur Veranstaltung auf Facebook
Veranstaltungsflyer als PDF


Dienstag, 24. März 2015

DIE LINKE vor Ort verankern

Die Hamburger LINKE befindet sich nach dem erfolgreichen Bürgerschaftswahlkampf in einer guten Lage, um sich wieder auf ihre wichtigste Aufgabe zu besinnen: den Widerstand gegen die Politik der neoliberalen Parteien. Dafür muss es uns aber gelingen, sie in den Stadtteilen in eine aktive Mitgliederpartei zu verwandeln.

1. Eine erfolgreiche Wahl für die Hamburger LINKE

Nach einem engagierten und sehr politischen Wahlkampf haben wir mit 8,5 Prozent der Stimmen ein sehr gutes Ergebnis erzielt. Die Entscheidung, einen unmissverständlichen Oppositionswahlkampf zu führen, war – angesichts der wirtschaftsfreundlichen Scholz-SPD – taktisch richtig und wurde von den Wählerinnen und Wählern honoriert. Besonders erfreulich ist, dass wir unter jungen Wählerinnen und Wählern so erfolgreich waren. 

Einen Wermutstropfen stellt der Bürgerschaftseinzug der AfD dar. Aber zumindest hat sie scharfen Widerstand zu spüren bekommen – allein schon durch die wiederholte Zerstörung ihrer rassistischen Plakate. Doch die rechte Gefahr ist keineswegs gebannt und stellt DIE LINKE vor eine große Herausforderung. 

Der Konflikt um den Vorsitz der neuen Linksfraktion macht deutlich, dass jahrelang bestehende Konflikte nicht von selbst verschwinden, sondern irgendwann geräuschvoll durch die Oberfläche brechen. Wichtig ist jetzt ein sachlicher Umgang mit dem offenbar gewordenen Konflikt. Eine nachhaltige Lösung kann nur darin bestehen, auf allen Ebenen die politische Debatte zu organisieren, um inhaltliche und strategische Differenzen produktiv zu nutzen. Beispielsweise muss eine Diskussion über die Schlussfolgerungen aus dem Oppositionswahlkampf geführt werden.

2. Der Umgang mit möglichen Regierungsbeteiligungen

»Als LINKE haben wir ein anderes Verhältnis zum Parlamentarismus als die anderen Parteien. Wir wissen, dass sich grundlegende politische Veränderungen nur durch eine Veränderung der gesellschaftlichen Kräfte und Ideen, mit Hilfe von Bewegungen gegen die Profitinteressen der Konzerne durchsetzen lassen. Aus diesem Grund erklärt der Hamburger Landesverband der LINKEN, dass wir nach den Bürgerschaftswahlen 2015 nicht für eine Koalition oder Tolerierung mit den anderen Hamburger Parteien zur Verfügung stehen, denn mit ihnen sind grundlegende Veränderungen – auch in entscheidenden kleinen Schritten – nicht möglich.« (Beschluss »Veränderungen beginnen mit Opposition« vom Landesparteitag im Juni 2014)

Regierungsbeteiligungen von linken Parteien sind grundsätzlich problematisch, solange die eigentliche Macht nicht herausgefordert wird, nämlich die der Banken und Großkonzerne. Für einen echten Wandel müssen Politik und Ökonomie zusammengebracht werden und von Grund auf demokratisiert werden. 

Jede progressive Regierung, die nicht die Konfrontation mit kapitalistischer Macht sucht, läuft über kurz oder lang Gefahr, an vermeintlichen Zwängen und Notwendigkeiten zu zerbrechen – oder zumindest den außerparlamentarischen Bündnispartnern in den Rücken zu fallen. Mindestens soziale Bewegungen und Kämpfe müssen einen Aufschwung erleben, damit die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse eine progressive Regierungspolitik ermöglichen. In Griechenland erleben wir gegenwärtig, wie massiv eine linke Regierung von Seiten des Kapitals (und den entsprechenden internationalen Organisationen) unter Druck gesetzt wird, wenn sie sich nicht an deren Regeln halten will. 

Sich deswegen aber grundsätzlich der Diskussion über Regierungsbeteiligung zu verweigern, kann DIE LINKE in die Isolation führen. Im Scholz‘schen Hamburg oder bei einem Kanzlerkandidaten Steinbrück besteht diese Gefahr nicht. Aber in Situationen, in denen die SPD sich verbal nach links bewegt und beispielsweise die soziale Frage ins Zentrum ihres Wahlkampfs stellt, kann eine besondere gesellschaftliche Dynamik entstehen. In Hessen haben unsere Genossinnen und Genossen erlebt, welch großen Druck soziale Bewegungen, Gewerkschaften und andere Bündnispartner aufbauen können, damit wir uns an einem rot-rot-grünen Projekt beteiligen, um die verhasste CDU-Regierung loszuwerden. Zu den Hoffnungen, die in einer solchen Situation entstehen, müssen wir uns in einer produktiven Art und Weise verhalten. Die Formulierung von »roten Haltelinien« kann beispielsweise dabei helfen, die Diskussion über einen Regierungseintritt von einer strategischen auf eine inhaltliche Ebene zu heben. 

Denn letztlich müssen wir zumindest gut erklären können, warum eine linke Regierung nicht zustande kommt (und inhaltlich an der SPD scheitert) – unter Umständen  geht das nur nach intensiven Koalitionsgesprächen.

3. Opposition wirkt!

Entscheidend, um die politischen Kräfteverhältnisse in Hamburg nachhaltig nach links zu verschieben, ist die Selbstaktivität der Menschen, die hier leben. Aber nicht nur das: Selbstaktivität ist der Schlüssel, um langfristig eine breite Bewegung aufzubauen. Nichts politisiert mehr als die eigene Aktivität. Darüber hinaus wächst das Selbstbewusstsein der Beteiligten. 

Hamburg ist positiv geprägt von einer langen Tradition großer sozialer Bewegungen:  Lampedusa in Hamburg, Recht auf Stadt, die Friedensbewegung, eine tief verankerte antifaschistische Haltung, dezidiert linke Stadtteile und viel Sympathie für Streiks wie bei Neupack zeigen das Potenzial einer linken Stadt. Wichtige Bewegungen kommen auf uns zu: NOlympia und ein möglicher Kita-Streik sind zwei Beispiele. 

Auch der Kampf gegen den Rassismus von AfD, Pegida und Co. wird wichtig bleiben. In der Hamburger LINKEN herrscht ein klarer Konsens, dass Bewegungen das Herzstück progressiver Veränderung sind. 

Opposition wirkt, war einer unserer Slogans im Wahlkampf – und das zu Recht: Die Behauptung, dass nur Regierungen etwas bewirken würden, ist absurd (zum Beispiel gäbe es den Mindestlohn ohne DIE LINKE nicht). Aber wir sollten nicht aus den Augen verlieren, warum Opposition wirkt! Ohne den Druck der Straße ließe sich keine Regierung der Welt von einer noch so hartnäckigen parlamentarischen Opposition zu progressiven Maßnahmen treiben.

4. Vom Bewegungs- zum Parteiaufbau

Die Hamburger LINKE ist von einem unübersehbaren Kontrast gekennzeichnet: Auf der einen Seite sehen viele soziale Bewegungen die Partei als einen wichtigen Verbündeten an. Auf der anderen Seite können wir davon kaum im Sinne einer Ausweitung unserer Strukturen profitieren. 

Die Unterstützung der Bewegungen erfolgt hauptsächlich über unsere Fraktionen, etwa durch die Teilnahme von Abgeordneten an Veranstaltungen und Aktionen oder auch durch deren Öffentlichkeitsarbeit. Das ist zwar ein sehr wichtiger Beitrag, doch wir sollten auch die Praxis unserer Basisgruppen noch mehr darauf ausrichten, vor Ort zu einer antikapitalistischen Kraft zu werden, die sich in Bewegungen einbringt und einmischt. Das kann durch die Mitarbeit in einer Mieterinitiative geschehen, durch die Gründung eines lokalen NOlympia-Komitees oder durch Solidaritätsaktionen mit Griechenlands Kampf gegen die EU-Kürzungspolitik. Eine Arbeitsteilung zwischen Bewegungen, die gesellschaftlichen Druck entfalten, und der linken Partei, die das Ganze als politischer Dienstleister begleitet, ist hingegen wenig sinnvoll. 

Wir sollten durchaus Verantwortung in diesen Auseinandersetzungen übernehmen und sie dadurch auch politisch prägen. Wenn wir die Orientierung auf Bewegungen verknüpfen mit einer Verankerung vor Ort, die durch Präsenz im Stadtteil und durch ein Mitmach-Angebot an politischen Debatten entsteht, erhöht sich die Chance, unsere Wählerinnen und Wähler für eine Mitgliedschaft in der LINKEN zu gewinnen. Unser Ziel muss es sein, eine aktive Mitgliederpartei zu werden.

5. Eine Kultur der Solidarität schaffen

Der nötige Rückhalt für einen solchen Ansatz war bei der Bürgerschaftswahl zu erkennen: Vor allem unter jungen Wählerinnen und Wählern haben wir gut abgeschnitten (12 Prozent der 16-24-Jährigen haben für uns gestimmt). Ihnen sollten wir ein Aktivitätsangebot machen. 

Voraussetzung dafür ist jedoch eine solidarische Gruppenkultur: Wir müssen neue Genossinnen und Sympathisanten willkommen heißen und offen für neue Ideen sein. Jede und jeder sollte seine Stärken und Fähigkeiten in eine lebhafte Gruppenkultur einbringen können. Unsere Partei ist ein gemeinsames Projekt unterschiedlicher Strömungen der gesellschaftlichen Linken in Deutschland. 

So wie Menschen in Bewegung gemeinsam stark sind, so sind wir auch als Partei gemeinsam stark. Gemeinsamkeit geht nicht durch dogmatische Abgrenzung – genauso wenig geht sie durch das (opportunistische) Verstecken unterschiedlicher Ansichten und Strategien. Aber im Respekt für den anderen können wir gemeinsam zur Entschlossenheit gelangen. Und dann bringt DIE LINKE die Hamburger Verhältnisse zum Tanzen.

[Flugblatt als PDF zum Download]